Schlaraffenland

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Schlaraffenland - Pieter Bruegel der Ältere (1526/1530–1569) commons.wikimedia.org, CC0 1.0

Hast du schon mal vom Schlaraffenland gehört?

Das Land des Überflusses, in dem niemand arbeiten muss? Von diesem wunderlichen Land wird in verschiedenen Geschichten erzählt.

Wusstest du schon, dass ...

  • dir im Schlaraffenland Hühnchen in den Mund fliegen und Süßigkeiten an den Bäumen wachsen?
  • das Schlaraffenland auch "Land der faulen Affen" genannt wird?
  • harte Arbeit und Fleiß im Schlaraffenland als "Sünden" betrachtet werden?


Die Geschichte vom Schlaraffenland

Diese alte Landkarte zeigt das Schlaraffenland - Johann Baptist Homann commons.wikimedia.org, CC0 1.0

Wo das Schlaraffenland genau liegt, kann keiner sagen. Deshalb gibt es verschiedene Versionen und Deutungen, sowohl was die geografische Lage angeht, als auch wie es dort so zugeht.

Die Idee von einem fernen Land des Überflusses gibt es bereits seit der griechischen Antike. Im Mittelalter war die Geschichte für die Menschen besonders attraktiv, weil ihre Arbeit sehr beschwerlich war und sie dennoch immer wieder Hunger leiden mussten. So wie die Faschingszeit stellte auch das Schlaraffenland eine Umkehr der realen Welt dar, wo Faulheit eine Tugend und Arbeit Sünde ist.

Das Märchen vom Schlaraffenland wurde zuerst mündlich überliefert. Das bedeutet, es wurde von Generation zu Generation weitererzählt. Später haben Schriftsteller, wie zB Hans Sachs, das Märchen aufgegriffen und bearbeitet. Auch die Gebrüder Grimm konnten von diesem wunderbaren Stoff nicht die Finger, oder besser die Feder lassen.

Außerdem haben sich Künstler wie Musiker und Maler von diesem Thema inspirieren lassen.

Heute wird das Bild vom Schlaraffenland meist im übertragenen Sinn gebraucht, einerseits als paradiesisches Land, in dem alle versorgt sind und sich um nichts kümmern müssen, andererseits als Kritik an Menschen, die an Arbeit und Wissenserwerb nicht interessiert sind und denen es nur um das eigene Wohlergehen geht.

Das Märchen

Das Schlaraffenland - Tkarcher commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0
Durch die Mauer des Schlaraffenlandes durchgegessen - Pieter Bruegel der Ältere (1526/1530–1569) commons.wikimedia.org, CC0 1.0

So lautet das Märchen in der Fassung von Ludwig Bechstein aus dem Jahr 1845:

Ich weiß ein Land, dahin mancher gern ziehen möchte, wenn er wüsste, wo es liegt. Dieses schöne Land heißt Schlaraffenland. Da sind Häuser gedeckt mit Eierkuchen, die Türen sind von Lebzelten und die Wände von Schweinebraten. Um jedes Haus steht ein Zaun, der ist aus Bratwürsten geflochten. Aus allen Brunnen fließt süßer Wein und süßer Saft. Wer den gern trinkt, braucht nur den Mund unter das Brunnenrohr zu halten, und der süße Saft rinnt ihm nur so hinein.

Auf den Birken und Weiden, da wachsen frischgebackene Semmeln, und unter den Bäumen, da fließen Milchbäche. Die Semmeln fallen in sie hinein und weichen sich selbst ein. Das ist etwas für die Kinder, die sich gern einbrocken!

Hallo, Gretel, hallo, Hansel ! Wollt ihr nicht in dieses Land ziehen? Macht euch auf zum Semmelbach, vergesst aber nicht, einen großen Milchlöffel mitzunehmen!

Die Fische schwimmen im Schlaraffenland oben auf dem Wasser. Sie sind auch schon gebacken oder gesotten und schwimmen ganz nahe am Ufer. Wenn aber einer gar zu faul ist und ein echter Schlaraff, der darf nur „bst! Bst!“ rufen - und die Fische kommen aufs Land herausspaziert und hüpfen dem guten Schlaraffen in die Hand, dass er sich nicht zu bücken braucht.

Ihr könnt es ruhig glauben, die Vögel fliegen dort gebraten in der Luft herum, die Gänse, Enten und Hühner, die Truthühner und die Tauben. Und wem es zu viel Mühe macht, die Hand darnach auszustrecken, dem fliegen sie schnurstracks in den Mund hinein. Die Spanferkel laufen gebraten umher, das Messer steckt ihnen schon im Rücken, damit, wer will, sich ein frisches, saftiges Stück abschneiden kann.

Käse liegt im Schlaraffenland wie Steine, groß und klein umher. Die Steine selbst sind lauter gefüllte Pastetchen. Im Winter wenn es regnet, regnet es lauter Honig in süßen Tropfen. Da kann einer lecken und schlecken, dass es eine Lust ist. Und wenn es schneit, so schneit es Staubzucker, und wenn es hagelt, so hagelt es Würfelzucker, vermischt mit Feigen, Rosinen und Mandeln. Das Geld kann man von den Bäumen wie gute Kastanien schütteln. Jeder mag sich das Beste herunterschütteln, das Mindere lässt er liegen.

In dem Land, da gibt es auch große Wälder. Da wachsen im Buschwerk und auf den Bäumen die schönsten Kleider, Röcke, Mäntel, Hosen und Westen in allen Farben, schwarz, grün, gelb, blau und rot. Wer ein neues Gewand braucht, geht in den Wald und wirft es mit einem Stein herunter. Auf der Wiese wachsen schöne Damenkleider aus Samt und Seide, die Grashalme sind bunte Bänder. Die Wacholderstöcke tragen Broschen und goldene Nadeln, und die Beeren sind nicht schwarz, sondern echte Perlen. An den Tannen hängen Armbanduhren. Auf den Stauden wachsen Stiefel und Schuhe, Sommer- und Winterhüte und allerlei Kopfputz.

Dieses edle Land hat auch ein Jungbad. Alte und kranke Leute baden darin drei Tage oder vier, und sie werden gesund und jung und schmuck und sehen wie siebzehn oder achtzehn aus. Auch mancherlei Spaß und Kurzweil gibt es in dem Schlaraffenland. Wer zu Hause kein Glück hat, der hat es dort bestimmt. Beim Spielen wird er immer gewinnen, beim Schießen wird er immer ins Schwarze treffen. Wer die Leute am besten necken und aufziehen kann, bekommt jedes Mal ein Goldstück.

Für die Schlafsäcke und Faulpelze, die bei uns durch ihre Faulheit arm werden und betteln gehen müssen, ist das Schlaraffenland gerade das richtige Land. Jede Stunde Schlafen bringt dort ein Silberstück ein und jedes Mal Gähnen ein Goldstück. Wer gern arbeitet, das Gute tut und das Böse lässt, der wird aus dem Schlaraffenland vertrieben. Aber wer nichts kann, nur schlafen, essen, trinken, tanzen und spielen, der wird zum Grafen ernannt. Und der Faulste wird König im Schlaraffenland.

Nun wisst ihr, wie es im Schlaraffenland zugeht. Und wer gern hinreisen will, aber den Weg nicht weiß, der frage einen Blinden. Auch ein Stummer wird ihm keinen falschen Weg sagen. Aber der Weg dahin ist weit für die Jungen und für Alten, denen es im Winter zu heiß und im Sommer zu kalt ist. Noch dazu ist um das ganze Land herum eine berghohe Mauer aus Reisbrei. Wer hinein oder heraus will, muss sich da erst mal durchessen.

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