Küss den Pfennig!: Unterschied zwischen den Versionen

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Heute gibt es das Gasthaus in der Adlergasse nicht mehr, aber ein Bild wurde angebracht, auf dem zu lesen ist:
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Heute gibt es das Gasthaus in der Adlergasse nicht mehr, aber ein Schild wurde angebracht, auf dem zu lesen ist:
  
  

Version vom 5. September 2009, 15:25 Uhr


In der Nähe des Roten Turm Tores in der Adlergasse stand vor ungefähr 400 Jahren der Gasthof „Zum roten Adler“. Der Wirt, Hans Wangler, war in ganz Wien für seine gute Küche, den köstlichen Wein und die sauberen Zimmer berühmt. Er selbst war ein geiziger Mann, der am liebsten abends sein Geld zählte und die anderen arbeiten ließ. Das konnte er auch, denn seine Frau bereitete alle Speisen in der Küche zu, sein Sohn Josef übernahm die Arbeit im Weinkeller und Marie war Stubenmädchen und Kellnerin in einem. Marie war eine verarmte Waise, die entfernt mit der Wirtsfamilie verwandt war und daher bei der Familie Wangler wohnte. Hans Wangler plante, seinen Sohn zu verheiraten, und zwar wollte er, dass eine angemessene Mitgift ins Haus kommt. Er dachte dabei an eine Hochzeit mit der reichen Wirtstochter aus dem Gasthaus „Zur grünen Weinrebe“. Sie war sicher eine der reichsten und begehrtesten jungen Frauen Wiens. Josef aber hatte andere Pläne. Lange schon verstand er sich sehr gut mit Marie. Immer, wenn sie ein bisschen Freizeit hatten, verbrachten sie diese miteinander. Eigentlich wollte Josef nur noch auf einen günstigen Augenblick warten, um seinem Vater zu sagen, dass er die Marie heiraten wolle.

Hans Wangler bemerkte mit der Zeit, dass zwischen Marie und Josef mehr lief, als nur ein freundschaftliches Verhältnis. So rief er eines Abends Marie zu sich und sagte ihr, dass sie sich für den nächsten Monat um eine neue Stelle umschauen solle. Er habe sie jetzt lange genug durchgefüttert, nun solle sie woanders ihren Lebensunterhalt verdienen. Marie stiegen die Tränen ins Gesicht. Nicht dass sie besorgt war um ihre Arbeitsstelle, nein, sie konnte und wollte sich keine Trennung von Josef vorstellen. Noch am selben Abend erzählte sie ihrem Freund Josef von dem Vorhaben des Vaters. Sie blieben noch lange wach, um Pläne für ihre gemeinsame Zukunft zu schmieden. Denn Josef dachte auch daran, seinen Vater zu verlassen, wenn dieser nicht seiner Heirat mit Marie zustimmte.

Am nächsten Abend betrat sehr spät ein neuer Gast die Wirtsstube. Zuvor hatte ihn niemand gesehen. Er machte nicht gerade den Anschein, als sei er besonders wohlhabend. Sein kleiner, alter Rucksack ließ viel eher vermuten, dass es sich um einen armen Mann handelte. Er suchte sich einen Tisch aus und bestellte gutes Essen, Wein und ein Zimmer für die Nacht. Der Wirt, der eigentlich nur viel verdienen wollte und bei diesem Gast Sorge hatte, ob dieser seine Zeche bezahlen konnte, wollte dem Mann Essen und Nachtlager verweigern. Zuvor fragte er aber das Männlein noch, ob dieses auch alles bezahlen könne, was er bestellte. „Bezahlen?“, fragte das Männlein. „Wer wird denn da gleich an bezahlen denken. Ich bin Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim, der berühmte Arzt. Der Name sollte euch genügen, eigentlich solltet ihr mir gleich euer ganzes Haus zur Verfügung stellen. Ich komme extra aus Innsbruck um hier die WienerInnen gesund zu machen. Also gebt mir Essen und ein Bett! Ich bin hungrig und müde.“

Das wurde dem Wirt zu viel. Er wusste schon, dass dieser Gast kein Geld hatte, ihn also nicht noch reicher machen konnte. So sagte er zu ihm, er solle sich zum Teufel scheren, denn hier werde er die Nacht nicht verbringen können. Da mischte sich Marie in die Szene ein, die Mitleid mit dem kleinen Mann hatte. Sie wollte nicht, dass er vor die Tür gesetzt wird, denn um diese Zeit war keine andere Herberge mehr zu finden und er hätte auf der Straße übernachten müssen. So machte sie also dem Wirt und dem Männlein das Angebot, dass sie einstweilen von ihrem ohnehin wenig Ersparten die Zeche und das Geld für das Bett vorstrecken würde. Brummend stimmte der Wirt zu und der Gast bekam sein bestelltes Abendessen.

Paracelsus wohnte nun schon seit einigen Tagen im „Schwarzen Adler“, und er schien sich dort auch sehr wohl zu fühlen. Tagsüber schlenderte er durch Wien und abends trank er mit anderen Studenten Wein im „Schwarzen Adler“. Er machte keine Anstalten wieder weiter zu reisen, geschweige denn seine Schulden zu bezahlen. Inzwischen kam nämlich schon eine beträchtliche Summe zusammen. Der Wirt wurde immer übelgelaunter und auch Marie wurde zusehends nervös, denn ihre Ersparnisse reichten bald nicht mehr aus, um für Paracelsus Schulden aufzukommen. Der Wirt beschloss diesen Umstand bald zu ändern und begann Paracelsus Rechnung aufzusetzen. Er wollte gerade zu seinem Zimmer gehen, um die Rechnung zu präsentieren, da sah er Marie und Josef in einer zärtlichen Umarmung am Gang stehen. Marie war gerade dabei, Josef ihr Leid zu klagen von ihrer bevorstehenden Kündigung. Hans Wangler war außer sich. Voller Wut rief er, dass Marie sofort das Haus verlassen müsse. Gleich soll sie ihr Bündel schnüren und gehen. Zu Hans aber sagte er: „Von dir erwarte ich, dass du noch heute zur Wirtstochter der „Grünen Weinrebe“ gehst, und um ihre Hand anhältst.“ Doch Josef erklärte, dass, wenn Marie aus dem Haus müsse, er mit ihr gehen werde. Denn er werde es niemals zulassen, dass jemand versuche, sie zu trennen.

Als der Wirt das hörte, wurde er noch zorniger und so kam es zu einem lauten Streit. Im ganzen Haus waren die schreienden Stimmen zu hören. Auch Paracelsus bekam mit, warum gestritten wurde. Er kam aus seinem Zimmer und fragte, ob er vermitteln könne. Der Wirt schrie ihn aber nur an: „Sie sind der letzte, der hier irgendetwas zu sagen hat, bezahlen sie endlich ihre Rechnung, sonst können sie gleich mitgehen mit den beiden!“ Paracelsus aber machte keine Anstalten zu bezahlen und so kramte Marie nach ihren Ersparnissen. Gerade als sie dem wütenden Wirt das Geld überreichen wollte, hielt der Arzt ihre Hand zurück. Er kramte in seiner Westentasche und fand eine Messingmünze. Diese gab er dem Wirt und betonte, dass dies eine kleine Anzahlung sein solle. Wutentbrannt über die fast wertlose Messingmünze schrie er: „Das nennen sie eine Anzahlung? Sie sind ein unverschämter Lügner und Betrüger, der diesen Messingpfennig ebenso wenig zu Gold machen kann, wie mein Sohn dieses Mädchen zur Frau bekommt!“ und warf den Messingpfennig zu Boden. Da blickte Paracelsus den Wirt ruhig an und fragte ihn: „Haben sie das ernst gemeint? Wollen sie das Versprechen halten das sie eben gegeben haben? Wenn ich den Pfennig in Gold verwandle, dann dürfen Maria und Josef heiraten?“

„Sowahr ich hier stehe und lebe!“, bekräftigte der Wirt seine Aussage. Der Gast sagte zum Wirt, er möge doch den Messingpfennig aufheben und genauer betrachten. Dieser tat unwillig wie ihm empfohlen wurde und wurde plötzlich ganz blass. Je näher er die Münze ansah, desto eher konnte er die Veränderung feststellen. Es war plötzlich ein glitzernder, schwerer Goldklumpen. „Ich glaube damit ist meine Rechnung bezahlt! Aber nun halten sie ihr Versprechen und erlaubt eurem Sohn die Hochzeit mit der Frau seines Herzens!“, sagte das Männlein bevor es seinen Rucksack packte und den Gasthof „Zum Schwarzen Adler“ für immer verließ.

Das junge Paar war überglücklich, denn der Vater stimmte der Hochzeit zu. Hans Wangler aber blieb noch lange stehen und blickte verzückt auf seinen Goldklumpen. Immer und immer wieder bedeckte er ihn mit Küssen. Die Geschichte vom Goldwunder im Wirtshaus verbreitete sich schnell. Viele WienerInnen kamen in das Gasthaus um sich die Geschichte erzählen zu lassen. Der Wirt machte mit so vielen Gästen natürlich ein prächtiges Geschäft und wurde immer noch reicher. Sooft er den Goldklumpen aus seinem Versteck nahm, küsste er diesen. Und so erhielt das Gasthaus den Namen „Küssdenpfennig“.


Heute gibt es das Gasthaus in der Adlergasse nicht mehr, aber ein Schild wurde angebracht, auf dem zu lesen ist:


Der teure Theophrast, ein Alchimist vor allen, kam einst in dieses Haus und konnte nicht bezahlen, die Zech´, die er genoss.
Er traute seiner Kunst, mit welcher er gewann viel großer Herren Gunst.
Ein sicheres Gepräg´ von schlechtem Wert er nahm, erklärte es als Gold.
Der Wirt von ihm bekam dies glänzende Metall.
Er sagt: Nimm dieses hin, ich zahl dir ein mehres, als ich dir schuldig bin.
Der Wirt ganz außer sich, bewundert solche Sach´.
Den Pfennig küss ich, zu Theophrast er sprach.
Von dieser Wundergeschicht´, die in der Welt bekannt,
den Namen für dies Haus, zum Küssdenpfennig genannt.